past children's  books

Meine Sammlung - Alte Kinder- und Jugendliteratur

Das "Sprechende Bilderbuch"

Vor mehr als 140 Jahren schon ist ein Buchobjekt hergestellt worden, das mit einem modernen Ausdruck als Hybridbuch bezeichnet werden könnte. Das "Sprechende Bilderbuch" ist ein als Buch verkleideter Holzkasten im Querformat von maximal 32x25 cm, der auf der Oberseite 10 Blätter mit Bildern und Texten enthält, in seinem Inneren jedoch Blasebälge und unter Luftzug tönende Metallzungen, die tierische und menschliche Stimmen nachahmen. Mit Hilfe von seitlich angebrachten Knöpfen, auf die mit Pfeilen von den Buchseiten aus hingewiesen wird, kann der Benutzer über Fäden die innen montierten Blasebälgchen in Aktion setzen und so die zum jeweiligen Bilde passenden Tier- oder Menschlaute erzeugen. 


Der Buchhändler Theodor Friedrich Otto Brand (04.März 1847 - 1911) in Sonneberg erhielt am 03. Dezember 1878 ein deutsches Patent für sein "Sprechendes Bilderbuch". Weiterhin schützte er sein Patent in den Vereinigten Staaten wo er das Patent am 30.Dezember 1879 erhielt, sowie in England und Österreich. Bis etwa zum 1.Weltkrieg wurden ca. 20 Auflagen hergestellt und vertrieben. Diese nun mittlerweile auch in Französich, Spanisch ,Holländisch u.a. Sprachen. Er gab vermutlich auch Lizenzen an weitere ausländische Verleger ab. 


Die einfachen kindlichen Verse der ersten Auflagen schrieb mit ziemlicher Sichheit die Mutter von Theodor Brand. Für die Bilder wurde wohl nach zeitgenössichen Pressequellen der Maler J. Gottfried Franz (1845 - 1905) gewonnen. Gedruckt wurden die Farblithografien von der renomierten "Art.Anstalt von E.Hochdanz" Stuttgart welche auf den Druck von Kinder- und Jugendschriften spezialisiert war. 

Im laufe der Jahre wurden auf Grund der Preisstrukturen für das Buch auch kleinere Exemplare erzeugt um es auch den kleinen Leuten zugänglich zu machen. So wurden Bücher mit kleineren Abmaßen und weniger Stimmen, 2,4 oder 6 Stimmen produziert. Im laufe der Jahrzehnte wurde dann das Aussehen und auch des Inhaltes geändert. 

Ab der 16.Auflage ca. 1906 änderten sich die Texte - statt der kindlichen Verse finden sich in dem Buch nunmehr Gedichte und Geschichten von zumeist bekannten zeitgenössischen Schriftstellern: Johannes Trojan (1837-1915), Pauline Schanz (1828-1913), Frieda Schanz (1859-1944), u.a.. Ab der 17.Auflage gab es dann auch einen neu gestalteten Außentitel welches mir auch selber vorliegt. Etwa zur gleichen Zeit der Neuedition des "Sprechenden Kinderbuches" erschien eine kleinere Ausgabe mit 6 Tierstimmen im Querformat dieses hatte den Titel "Bilderbuch mit Tierstimmen" Zur Unterhaltung für die kleine Welt. Im Gegensatz zur Gestaltung des Titelrahmens im Jugendstil standen einfache Tierbilder wie Hahn, Ziege, Kätzchen, Vogelnest, Schaf und Kuckuck. Diese Ausgabe hatte die Maße 22x18 cm in der kleinen Ausgabe mit 6 Stimmen und eine größere Ausgabe mit acht Stimmen von 31x25cm.

1911 verstarb Theodor Brand und seine Witwe führte das Geschäft bis zum Besitzwechsel 1919 weiter. Das "Sprechende Bilderbuch" wurde weiterhin in den zwei bekannten Größen produziert und von dem neuen Eigentümer "Georg Möller" Spielwarenfabrikant und Exporteur bis 1929 vertrieben. Ein weiterer Hersteller von Bilderbüchern mit Zugstimmen war die Judenbacher Firma "Albin Matthäi" auch unter der Abkürzung "AMA" bekannt welche wohl diese Art von Büchern bis in die 20ziger Jahre produzierte und weiterentwickelte. 1928  meldete Albin Matthäi hierzu weitere Patente an die die Produktion einfacher und rentabler machten. Diese Art von Stimmenbücher benötigten keinen Kasten mehr und Zugstimmen sondern nur noch Druckstimmen die zwischen zwei Pappseiten verklebt wurden und durch ein Loch an der entsprechenden Stelle des Bildes den Ton abgaben. Diese Art von Bilderbücher der Firma Matthäi wurden bis in die erste Hälfte der 50er  Jahre des vergangenen Jahrhunderts produziert. 

Quellenangabe: Ernst Hofmann aus dem Text "Das "Sprechende Bilderbuch" und sein Erfinder Thedor Brand, TUDpress Studientexte zur Sprachkommunikation Band 92, 2018

Mein Exemplar des "Sprechenden Bilderbuches" (17.Auflage)






Außentitel

Vorsatz und Innentitel

Der Hahn

Der Esel

Das kleine Lamm






Vöglein's Daheim

Die Kuh

Der Kuckuck

Der Ziegenbock

Papa und Mama


Mein Exemplar eines "Bilderbuch mit Stimmen" der Firma "AMA" - Albin Matthäi um 1930






Außentitel mit D.R.G.M.

Ansicht 1

Ansicht 2

Pferde

Esel






Ziegen

Katzen

Hühner

Kühe

Schafe

Ein weiteres Stimmenbuch der Firma AMA ohne Titel, Nummer oder Signet der Firma ebenfalls um 1920/30







Albin Matthäi lebte von 1892 bis 1974. Sein Vater war der in Steinach geborene Stimmenmacher Carl Friedrich Bernhard Matthäi (1845-1910). Die Firma wurde bereits vor 1900 gegründet und Vater wie der Sohn hatten den Beruf des Stimmenmachens gelernt. So wurden zunächst hauptsächlich sprechende Bilderbücher und Stimmen für Puppen und Tiere produziert die zum großen Teil nach Amerika geliefert wurden. 1928 hatte die Firma bis zu 12 Beschäftigte und das Gebäude in der sich die Werkstatt befand  musste vergrößert werden weil das Geschäft zu dieser Zeit stark florierte und ausgebaut werden sollte.Außer sprechende Bilderbücher wurden auch Stimmenkarten und später auch Scherzstimmenartikel und Spielzeug mit Stimmen produziert. In der Zeit von 1929-34 wurden sprechende Bilderbücher nach Großbritanien, Dänemark, Schweden, Holland, Kolumbien, Australien und Südafrika geliefert (Auszüge aus einem Speditionsbuch der Firma). Trotzdem ging der Umsatz auf Grund der Weltwirtschaftskriese immer weiter zurück. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Firma in eine Genossenschaft eingegliedert und produzierte nachweislich bis 1965 in der damaligen DDR noch drei der sprechenden Bilderbücher mit den Nummern 14/1,14/2 und 14/3. 

Ein weiteres Buch ebenfalls aus der Zeit um 1930 von AMA











Hier ein weiteres Stimmenbuch das aller Wahrscheinlichkeit nicht vom AMA Verlag stammt und ca. dem Zeitraum um 1920-30 zuzuordnen ist. Es ist eine sehr minimalistische Ausführung mit 4 Stimmen die durch drücken eines bestimmten Punktes im Buch ertönen (siehe Bilder) Das Buch wurde sicherlich für den internationalen Markt entworfen da es 3sprachig ist (deutsch, englisch und französich)

Nr. 3808/1 ohne Titel

 





Leider gibt es aus dieser Zeit keine Aufzeichungen die darauf hinweisen würden von welchen Verlag dieses Buch stammen könnte. Bekannt ist nur das der Verlag "Emil Pinkau - Leipzig" der auch sehr bekannt wurde durch das Verlegen der Kinderzeitschrift" Die Kinderwelt" ab 1926 (später dann "Die deutsche Kinderwelt") bereits im Jahr 1927 ein Patent für ein "Bilderbuch mit im Deckel vorgesehener Lautgebevorrichtung" angemeldet hat, welches auf dem selben Prinzip beruht. Interessant ist auch, dass der Löwensohn Verlag diese Art von Patent in seinen "Stimmenbüchern" aus den 30ziger Jahren welche später auch im Nachfolgeverlag "Pestalozzi" in der Serie "Drück mich" angewendet hat. Die Art der Seriennummer 3808/1 und der zeitliche Zusammenhang könnten demzufolge auf den Löwensohn Verlag hinweisen.


Das folgende Stimmenbuch konnte ich bisher ebenfalls nicht zuordnen. Hier ist das Prinzip des Blasebalgs übernommen worden was allerding dazu führt das nur ein Ton erzeugt wird. Es stammt aller warscheinlichkeit nach ebenfalls aus den 30ziger Jahren. Das gesamte Buch wurde aus Pappe produziert (einschließlich Blasebalg).Auf der Rückseite des Buches befindet sich ein etwas größeres Loch welches die Luftzufuhr und den Ton steuert (siehe Bilder). Es ist eine kleinere Ausgabe (16 x 12 cm) gegenüber den bisher vorliegenden Büchern.


Front


Rückseite mit Loch


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